Liebe Leserinnen und Leser,
ein ganzes Jahr lang haben wir keinen Newsletter geschrieben.
Ehrlich gesagt: Es fehlten mir die Worte. Was schreiben, wenn immer mehr Katastrophen-Nachrichten einen schier erdrücken mit der Last der Zerstörung, Leid und Trauer? Und jetzt auch noch die Ergebnisse der COP 28 in Dubai, die einen möglichen Ausstieg aus fossilen Energien auf irgendwann vertagen. Wie erfolgreich Abkommen ohne einen konkreten zeitlichen Plan sind, kennen wir ja schon vom Kyoto-Protokoll und dem Pariser Klima-Abkommen. Dennoch wird das Ergebnis als Erfolg gelobt. Wir werden sehen, ob das angebracht sein wird...Ich bezweifle es.
Es ist schwierig, in dieser Zeit des ungewissen Umbruchs die richtigen Worte zu finden. Wir benötigen Mut und Klarheit, um die Probleme ehrlich anzugehen; Energie, um uns weiterhin für eine lebenswerte Zukunft einzusetzen; Fürsorge und Achtsamkeit für uns und unsere Mitmenschen; Gemeinschaft, in der wir geborgen sind; Konsequenz und Verantwortung, um nicht aufzugeben.
Vor einigen Tagen las ich einen Blog von Tadzio Müller, der mich sehr
berührte. Er schreibt:
"Ich muss also, um zu hoffen, nicht auf magisches Denken setzen und die Sicherheit des Klimakollaps verdrängen .....Um zu hoffen, muss ich “nur” mein Vertrauen in die Menschen um mich
herum legen können: dass dies die Menschen sein werden, mit denen zusammen ich versuchen werde, in einer wahrscheinlich immer dunkler werdenden Welt immer wieder immer neue,
wenn es gut läuft sogar immer größere Räume der Solidarität, der Liebe und der Menschlichkeit zu schaffen."
Eine Gemeinschaft, in der man geborgen ist, die zu einem hält, die zusammen an einem Ziel arbeitet, mit der man, wenn auch nur kleine, Erfolge erlebt, eine solche Gemeinschaft ist wesentlich, um in dieser Zeit trotz all der immensen Belastungen Freude zu bewahren. Und wer weiß, vielleicht werden die Samen, die wir zusammen säen, doch noch Früchte tragen. Stellt euch vor, wir würden es schaffen, die Krisen zu überwinden! Wie wunderschön sähe das Leben dann aus!
Noch besteht die Möglichkeit, eine globale Klimakatastrophe abzuwenden, auch wenn die Klimakrise schon seit Jahren viele lokale und regionale Katastrophen auslöst. Dieses Jahr war nur ein Vorgeschmack auf das was kommen wird, wenn wir nicht sofort beherzt handeln.
Heute stehen wir bei WissenLeben daher umso klarer und konsequenter für eine lebenswerte Zukunft ein. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit immer geringer wird, eine globale Katastrophe zu vermeiden, ist ein vorzeitiges Aufgeben keine Option.
Daher wollen wir Mut machen, sich noch stärker für unser aller Zukunft friedlich einzusetzen. Dabei ist es wichtig, auch auf sich selbst zu achten, immer wieder Kraft zu schöpfen, in der Natur, mit anderen Menschen, in Gemeinschaft. Das ist auch das Anliegen unsererer "anders wandern Touren", von denen wir euch einen kurzen Rückblick von 2023 geben. Auch haben wir schon einen konkreten Termin zum Vorfreuen, den wir im Ausblick auf 2024 ankündigen.
Gleichzeitig wollen wir nicht die Augen verschließen vor den Tatsachen. Daher fügen wir einige Links zu wichtigen Dingen ein.
Final stellt sich die Frage: Reicht es, weiterhin das zu tun, was wir bisher getan haben? Leider muss da die Antwort ein eindeutiges "Nein!" sein. Weder wir als Verein, noch wir als Land oder als Weltgemeinschaft oder als Individuum. Was also tun? Darüber werden wir in nächster Zeit intensiv diskutieren. Schreibt uns eure Gedanken und Ideen! Wir freuen uns auf intensiven Austausch.
Viel Freude beim Lesen und viel Mut und Kraft, euch für unser aller Zukunft einzustehen.
Ein Rückblick auf unsere Touren 2023
Seit 2019 bieten wir "anders wandern" Touren an
Was ist anders wandern? Wir wandern und radeln gemeinsam durch die Natur, entdecken und geniessen deren Schönheit, verschließen aber nicht die Augen vor ihrer Zerstörung. Über Gespräche, Diskussionen, Texte und Ruhe sammeln wir Ideen und Kraft für den Wandel. Diese Kraft ist noch wichtiger als je zuvor. Und diese wollen wir gemeinsam fördern.
Unsere Highlights dieses Jahr waren:
Inn-Radtour von Imst nach Passau
Vom 27. Mai bis zum 2. Juni radelten wir von Imst nach Passau. Entlang des Weges besuchten wir verschiedene Initiativen, die sich für lokale Lösungen einsetzen. Vom Leihladen Innsbruck zum Sauriassl Syndikat in Altötting, vom Institut für Baubiologie in Rosenheim zur Lebensgemeinschaft Puls der Erde im Lenzwald durften wir sehr engagierte Menschen kennenlernen, die genau das umsetzen, was wir so dringend benötigen: Mehr Miteinander und Achtung für alles Leben. Die Tour tat sehr gut, um positive Eindrücke zu sammeln und zu erleben, dass ein anders Leben möglich ist und an vielen Orten schon praktiziert wird.
Übrigens: Die Projekte, die wir besuchten, fanden wir auf der Karte von morgen. Stöber dort doch auch mal herum - es finden sich Dinge ganz in der Nähe, von denen man eventuell noch gar nichts weiß.
Abschied von den Zugspitz-Gletschern
Diese Tour war schwierig. Zum einen zeigte der verschwundene Gletscher in aller Deutlichkeit, wie dringlich effektiver Klimaschutz ist. Zum anderen war der Anblick der Übermassen an Touristen bei der "höchsten Wurst Deutschlands" ein sehr starker Gegensatz zu dem Verlust, der direkt vor Augen liegt und doch von kaum jemandem wahrgenommen zu werden scheint.
Im gespräch zeigte es sich, dass die Dringlichkeit auch für manche aktiven Menschen eine Überforderung ist. Das ist nur zu verständlich. Denn im Grunde erfahren wir ein kollektives Trauma, das nicht leicht verarbeitet werden kann und wir vermeiden daher gerne, uns mit der Bedrohung auseinanderszusetzen. Zielführend ist das allerdings nicht. Es ist noch viel mehr Einsatz von allen nötig, die verstehen, um was es geht. Auch wenn das unangenehm ist.
Wo können wir unsere Zeit und Energie, unsere Ideen und Erfahrungen am sinnvollsten einbringen? Wie können wir effektiv an Veränderungen mitwirken, und gleichzeitig Energie und Mut spenden?
Wie können wir dazu beitragen, dass das offensichtliche Versagen der Politik nicht zu Politikverdrossenheit führt sondern im Gegenteil zum erhöhten Einsatz für Demokratie, für Gemeinwohl, für
Menschenrechte, für Gerechtigkeit für alles Lebendige? Dies sind Fragen, die wir uns stellen und an denen wir nächstes jahr verstärkt arbeiten werden.
Unsere 3. öko-faire Kaffee-Radtour
Zum dritten Mal machten wir uns diesen Sommer mit ökologisch angebautem, fair gehandelten und gesegeltem Kaffee von Hamburg aus auf den Weg - zusammen mit altbekannten und neu-dazugestoßenen Radlerinnen und Radlern aus ganz Deutschland. Die Strecke führte uns durch wunderschöne Landschaften und Städte - von Lüneburg zur Woltersburger Mühle, durch´s Wendland zum Ökodorf Siebenlinden; von Magdeburg über Dessau nach Leizig. Überall trafen wir freundliche Menschen und lernten wieder einmal, wie viele tolle Projekte überall entstehen.
Es tut gut, in Gemeinschaft in schöner Natur so viel Positives zu erleben. Dank dafür an alle Teilnehmenden! Und einen großen Dank an den Schirmherr unserer Tour, Niko Paech, der uns in Lüneburg mit einem hervorragenden Vortrag erfreut und motiviert hat.
Ausblick auf 2024
Unsere 4. öko-faire Faffee-Radtour
Im Jahr 2024 steht ein Termin schon mal fest: Unsere öko-faire Kaffee-Radtour wird nächstes Jahr die Ostsee entlang führen, von Hamburg nach Stralsund. Haltet euch vom 30. August bis zum 4. September schon mal frei! Wir freuen uns sehr auf unsere gemeinsame Tour! Alle anderen Touren sind noch in Planung. |
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Vortragsreihe "Klartext Klima" In Kooperation mit der vhs Weilheim werden wir sechs Vorträge organisieren, die wichtige Klimathemen ansprechen: von Wissenschaft zu rechtlichen und philosophinschen Fragen des zivilen Ungehorsams, von Postwachstum (am 18. April kommt Niko Paech nach Weilheim) bis Klimagerechtigkeit, von direkter Demokratie durch Bürgergutachten mit Planungszellen zu positiven Zukunftsvisionen. Sobald das Programm fertig ist werden wir es in einem separaten Newsletter zusenden. |
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Demokratie gemeinsam gestalten Einführung in Idee und Praxis der Planungszelle "Wie können wir gute Lösungen für drängende Herausforderungen unserer Zeit entwickeln? Eine bewährte Methode der Bürgerbeteiligung und Entscheidungsfindung ist die "Planungszelle". Mit ihrer Hilfe kommen unterschiedliche Perspektiven zu Wort und es können Gemeinsamkeiten auch bei kontroversen Themen gefunden werden. Wir laden Sie ein, das Beteiligungsformat "Planungszelle" gemeinsam mit dem erfahrenen Moderator Wolfgang Scheffler kennenzulernen und zu erproben. Sie können erleben, wie effektiv Sie sich auf Lösungsmöglichkeiten verständigen werden."
Dieser Workshop wird am 20.2. an der vhs in München angeboten, sowie am 19.2. in Weilheim. Letzteres wird von unserem
Verein WissenLeben organisiert. |
Wichtige Dinge
Dringlichkeit der Klimakrise Dazu könnten wir sehr viele neueste Forschungergebnisse posten. Als Überblick soll das Spiegel-Interview von Prof. Dr. Hans-Joachim Schellnhuber, Mitglied unseres wissenschaftlichen Beirats, ausreichen.
Laudate Deum
Der Papst hat kürzlich ein neues Schreiben veröffentlicht: Laudate Deum.
Einige wichtige Zitate daraus:
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Eine rebellische Ordensschwester Eine sehr lesenswerte Rede einer Ordensschwester aus El Salvador. ZUm Abschluss sagt sie: "Deshalb ein letztes, was ich Ihnen sagen möchte: „Habt keine Angst!“ Angst davor Eure Identität zu verlieren. Identität wird uns in Beziehungen geschenkt. Wenn wir bereit sind loszulassen, werden wir dreißig-, sechzig, hundertfach zurückbekommen. Habt keine Angst, die Kontrolle zu verlieren. Ihr seid gesegnet, wenn ihr rebellische Schwestern und Brüder in der Nachfolge des Rebell Jesus in Euren Reihen habt; junge und alte, die sich mutig und ohne Berührungsängste dorthin wagen, dorthin wo Leben in Gefahr ist, dorthin wo verlorenes Leben betrauert wird, aber auch dorthin wo heute das Leben pulsiert,. „Die Welt wahren in wilder Verbundenheit“, bringt es die Autorin, deren Buch mich inspiriert, auf den Punkt. Lasst uns die Welt wahren in wilder Verbundenheit!" |
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Deutschland belegt Platz 14 bei Klimaschutz / Im Climate Change Perfromance Index von Germanwatch ist Deutschland auf Platz 14, hinter Ländern wie Indien, Marokko und Chile. Immerhin ist Deutschland damit nicht ganz weit hinten. Denoch sind wir noch lange nicht der Vorreiter, als den sich Deutschland oft gerne darstellt. Gleichzeitig führte Amnesty International erstmals in seiner "Protest Map" Deutschland als ein Land auf, in dem Proteste unterdrückt werden. Siehe dazu auch den Artikel in der taz. |
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Klima-Kleber: Kriminelle oder Lebensretter?
Aktivistinnen und Aktivisten der letzten Generation sind seit bald zwei Jahren immer wieder in den Schlagzeilen. Das Verständnis für die Aktionen ist oft gering, dafür die Wut umso größer. Auch viele Richter sehen die Aktionen kritisch - andere hingegen geben den Aktivisten recht. Die Aktionen werden daher von mehrmonatigem Freiheitsstrafen bis zu Freispruch behandelt. Hier eine kleine Auswahl von drei Artikeln, um die Aktionen der Aktivistinnen der Letzten Generation etwas ausgewogener zu beleuchten:
FAZ, 29.11.2023. "Soziale Bewegungen wachsen aus den Problemlagen, Interessen und Milieus unserer Gesellschaft. Es ist keine Anmaßung, wenn sie beanspruchen, die öffentliche Meinungsbildung und politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. Es ist gerade ihre Funktion in einer demokratischen Gemeinschaft. Es entspricht der demokratischen Struktur unseres Gemeinwesens, dass sich solche Gruppen Sichtbarkeit und Gehör verschaffen. Das gilt auch dann, wenn sie dafür Formen nutzen, die von den konventionellen Wegen abweichen. Protest stört. Aber er ist wertvoll."
Verfassungsblog, 14.11.2023 "„Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.“
Verfassungsblog, 8.11.2023 § 129 StGB und die Erheblichkeit der Erheblichkeit Es geht im Kern um die Frage, wie eine liberale Demokratie angesichts einer zunehmenden Klimakrise mit Menschen umgeht, die Gesellschaft und Staat mit störendem Protest an die verfassungsrechtliche Pflicht zum Erhalt der Lebensgrundlagen erinnern. Mit der Mobilisierung des § 129 StGB und den damit verbundenen Eingriffsbefugnissen gegen friedlichen Klimaprotest droht der Staat politische Teilhabe zu kriminalisieren und so den zur Bewältigung der Klimakrise so notwendigen demokratischen Diskurs zu ersticken.
Einige Frage möchten wir zu diesem Thema stellen: Was ist notwendig, um angesichts der immensen Dringlichkeit noch schnell genug Änderungen zu erzielen? Wie können wir rechtzeitig die notwendige Mehrheit für Änderungen erreichen? Ist Aufgeben eine sinnvolle Option? Was ist wirklich kriminell angesichts der bedrohlichen Weltklimalage? Wie gewichtet sich orangene Farbe auf einem Weihnachstbaum gegenüber der Zerstörung unser aller Lebensgrundlagen? Warum wird sich um Ersteres viel mehr aufgeregt als über Letzteres? |
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Bist Du Wissenschaftler*in? Dann unterzeichne bitte die Petition "Handeln statt Kriminalisieren" "Wissenschaft hat den Auftrag, die eigene sachorientierte Expertise in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Das bedeutet immer dringlicher, Verantwortung für die (Über-)Lebensmöglichkeiten zukünftiger Generationen zu übernehmen, die durch den menschengemachten Klimawandel massiv bedroht sind. Zurecht stemmen sich immer mehr Menschen gegen das verantwortungslose „Weiter-So“, das sich häufig hinter der Fassade wohlfeiler Klimaschutzabsichten verbirgt. Die Protestformen sind mannigfaltig. Manche gehen an die Grenze dessen, was für die Bevölkerung in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat erträglich erscheint. Sie sind unseres Erachtens jedoch Ausdruck eines letzten Mittels, um die zuständigen politischen Akteur:innen wie die Gesellschaft insgesamt zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung zu bewegen. Als Gruppe von Wissenschaftler:innen haben wir daher im April 2023 die untenstehende Erklärung verfasst, mit der wir zu einer angemessenen Akzentsetzung mahnen und auf diese Weise zur notwendigen Versachlichung der Debatte beitragen wollen." |
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Nun wünschen wir euch trotz allem besinnliche, ruhige Weihnachtstage mit Zeit zum Erholen und Nachdenken. Auf dass das Jahr 2024 mit unser aller Hilfe viele große Veränderungen ermöglicht, die unser Leben langfristig lebenswert erhalten.
Danke für euren Einsatz!
Maiken und Karl |
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