Was macht nachhaltigen Kosum aus? Zu Fuss oder mit dem Radl einkaufen? Bio und faire Waren besorgen? Ja, auch. Aber eines wird oft vergessen: Wie werden die Waren zum Geschäft transportiert? Ist ein ökologisches und faires Produkt wirklich noch ökologisch und fair, wenn es mit Frachter und Lastwagen transportiert wurde? Slokoffie hat eine Antwort: Transport mit dem Segelschiff.
Wir haben dazu einige Fragen gestellt:
Was genau ist euer Anliegen?
Wir wollen zum Umdenken anregen und motivieren, einen nachhaltigen Lebensstil zu entwickeln. Ein wichtiger Teil davon ist unser Konsum. Produkte sollten nicht nur nachhaltig erzeugt, sondern auch nachhaltig transportiert und gelagert werden. Meistens achten die Käufer aber nur auf die Produktion der Waren, nicht auf ihren Transport.
Die Weltschifffahrt stößt jährlich mehr CO2 aus als die gesamte Bundesrepublik Deutschland in einem Jahr. Was auf unseren Straßen mit grünen Plaketten und Schadstoff-Richtlinien längst verankert ist, ist aber auf See kaum Thema. Daher ist es wichtig, in diesem Bereich umzudenken. Da Schweröl aber günstig ist und Segeln eine längere Zeit in Anspruch nimmt, setzen die meisten Unternehmen auf Containerschiffe. In Hamburg kommen jedes Jahr 40.000 Container an, welche mit Kaffee geladen sind! Das wollen wir ändern.
Seit wann gibt es euch schon?
Die Firma Biten Gesellschaft für gesegelten Kaffee wurde im Oktober 2016 formal gegründet. Im November segelten wir nach Honduras, um den Kaffeeursprung, die Kooperative und die Bauern zu treffen. Im Dezember haben wir dann einen Vertrag für 20 Tonnen Kaffee mit der Volcafe Gruppe gezeichnet.
Maik Hembluck und Thomas Riedel-Fricke sind zu je gleichen Teilen Teilhaber der Fima. Dabei ist die Grundidee der faire Umgang miteinander, mit unseren Geschäftspartnern, unseren Kunden und unserer Umwelt. Der möglichst klimaneutrale Transport ist die Grundlage unserer Geschäftsidee.
Maik ist mit seinem ersten BIO-Zertifizierten Foodtruck in Bremen und Umgebung bereits gut bekannt. Seine Ausbildungen sowohl im Maschinenbau als auch als Bäcker kommen ihm hier sehr zu Gute. Thomas hat sein Leben der Schifffahrt gewidmet und gut 35 Jahre in diesem Bereich sein Leben gestaltet. So kommt hier der nachhaltige Transport und die BIO-Welt ganz wunderbar zusammen. Beide, sowohl Maik als auch Thomas, sind Segler und gerne auf dem Wasser unterwegs.
Warum habt ihr die Form der Gmbh gewählt?
Die Wahl einer GmbH aus Gesellschaftsform entspricht dem Bedürfnis von uns, den nicht gerade unbedeutenden finanziellen Einsatz unserer privaten Mittel klar einzugrenzen und Haftungen, die aus unserer Kaffeehandelsaktivität erwachsen können, auf die Mittel der GmbH zu beschränken.
Was hat euch dazu veranlasst, eure Gesellschaft zu gründen?
Wir sind in den Kaffeehandel gegangen, um das Anliegen des Projekts TIMBERCOAST zu unterstützen. Timbercoast setzt ein Zeichen für den Umwelt- und Klimaschutz auf See und transportiert Waren nachhaltig und klimafreundlich – nur per Wind. Seit 2016 bietet diese Initiative einen Ladungstransport auf dem Seeweg auf ihrem Segelschiff AVONTUUR an. Durch unseren Kaffee hat die AVoNTUUR Ladung und damit hat die Klimakampagne überhaupt erst die Chance gehabt, zu starten. Die weitere Entwicklung ist nach wie vor finanziell schwierig, aber es geht voran. Heute würden wir auch mit Fair Transport und dem Schiff Tres Hombres verladen oder dem Team von Brigantes, wenn das Schiff fertig gebaut ist.
Was für Waren bietet ihr an?
Wir bieten unseren Single Origin BIO Kaffee an und bereiten diesen in unterschiedlichen Röstgraden zu. Andere Produkte - wie Schokolade oder Wein - nehmen wir mit in unser Sortiment auf, so lange diese mit einem Segelschiff transportiert wurden. Die Produktbreite läßt sich erweitern; aber das ist nicht unser vorrangiges Ziel. Denn wir verstehen uns vor allem als Klimakampagne. Das Ziel der Klimakampagne ist, Menschen zum Nachdenken über die Umwelt und das Konsumverhalten anzuregen und dadurch Veränderungen anzustoßen.
Werden alle eingesegelten Waren mit dem Fahrrad weitertransportiert?
Die Transporte rund um Bremen werden möglichst alle mit dem Lastenfahrrad erledigt. Wir arbeiten allerdings auch mit DHL zuammen, um den Versand zu bewältigen. Auch sind wir offen für alle möglichen anderen Transportwege. In diesem Sommer wurden zum Beispiel etwa 120kg SLOKOFFIE von der Gruppe Fahrradfahrerinnen von Bremen nach Freiburg transportiert. Ausserdem haben wir 140kg Rohkaffee in einer Kombination Bahn/Fahrrad bei einem Röster in der Nähe von Frankfurt/Oder ausgeliefert.
Zur Zeit findet sich eine Szene von Lastenfahrrad Freunden rund um Nikolai vom ADFC in Münster, um nach neben deren Schokofahrt nun auch eine Kaffeefahrt ins Leben zu rufen. Hier liegt der Fokus auf der Einrichtung einer Strecke von Hamburg über Bremen und Osnabrück nach Münster. Die Idee ist, Gruppen von Lastenfahrradbesitzerinnen entlang der Strecke anzusprechen, die das über ein Segelschiff transportierte Produkt ein Stück weiter zur nächsten Fahrradgruppe transportieren. Natürlich haben diese Ansätze nicht den Anspruch einer wirtschaftlich funktionierenden Alternative zu den Paketdiensten. Doch sie geben Anreiz zum Nach- und Umdenken und zeigen, dass Klimaschutz Spass macht und Gemeinschaft bildet.
Genau so könnten wir auch eine Strecke in andere Bundesländer entwickeln. Es gibt bereits eine Schokofahrtgruppe in München. Diese fahren bis nach Amsterdam und zurück, um Schokolade klimaneutral zu transportieren.
Wie seid ihr ausserhalb der Arbeit unterwegs?
Das Fahrrad ist unser zentrales Fortbewegungsmittel, in der Stadt sowieso. Maik kann seinen Foodtruck leider nicht mit dem Fahrrad bewegen, aber wer weiß, wie sich das weiter entwickelt. Thomas hat momentan noch einen PKW, mit dem die Langstrecken erledigt werden, die dann auch mal schneller gehen müssen und bei denen die Eisenbahn keine vernünftigen Verbindungen anbieten kann. Gerne sollte hier der PKW auf Elektrik umgestellt werden. Aber das alles kostet Geld das wir noch nicht für solch große Anschaffungen haben.
Wie gut läuft das Geschäft bisher?
Aller Anfang ist schwer, einen Kaffeelabel aufzubauen mit einem limitierten Geldbeutel ist schon ein Auftrag! Es geht definitiv viel mehr Geld in die Kommunikation, die Grafik, die Webseite, die Flyer, die Produktgestaltung, die Vertriebswege und anderes, als wir anfangs gedacht haben. Wir stellen fest, dass wir mit unserem Setup einen Mindestabsatz von 1 Tonne Rohkaffee pro Monat haben müssen, um relativ zum monatlichen Aufwand einen zumindest kleinen Überschuss zu erwirtschaften. Aktuell liegen wir bei etwa 700 kg, das ist schon mal ganz ok, aber nicht genug.
Da wir mit unserem Produkt keine Marktstudie erstellen konnten, bedienen wir bis heute alle Vertriebskanäle, die sich uns als Möglichkeiten bieten. Als wir begannen gab es noch keine gesegelten Produkte; als Auswahlkriterium für ein Produkt war die Frage des Transports noch unbekannt. Das ändert sich heute ein wenig.
In der Zukunft stellen wir uns ein Vertriebsnetz in Zusammenarbeit mit ausgesuchten BIO zertifizierten Kaffeeröstereien vor, die dann jeweils ihren eigenen Markt mit SLOKOFFIE bedienen. Das hat den Vorteil, daß wir mit der Verteilung des öko-Kaffees die umweltfreundlichere Variante in unserer Logistik hätten. Denn wir liefern unseren Kaffee auch ungeröstet und unverpackt. Lokale Röster kennen den Geschmack der lokalen Kundschaft am besten und können dann entsprechend den SLOKOFFIE aufbereiten.
Verstärken wollen wir unsere Präsenz im Bereich der Geschäfte, die das 'unverpackt' Konzept vorantreiben. Verpackungsvermeidung ist ein großes Thema und wird auch bei uns einen größeren Stellenwert einnehmen.
Begleitet wird der Verkauf dann durch unsere aktive Teilnahme und Organisation von klimaneutralen Kaffeefahrten. Dieses Jahr haben wir zum Beispiel eine Fahrradtour von Bremen nach Berlin, um am Berlin Coffee Festival 2019 teilzunehmen. Das ist eine ideale Gelegenheit, möglichst viele Menschen anzusprechen und zu motivieren mitzufahren, mitzumachen und den Gedanken des klimaneutralen Transports weiter zu tragen.
Wie reagieren Menschen auf eure Aktivitäten?
Viele sind positiv und unterstützend, viele sind jedoch auch aggressiv, 'zurück in die Steinzeit' ist der Vorwurf, wir scheinen so einen Art Spielverderber zu sein. Andere machen sich über uns lustig; damit können wir besser umgehen. Ein bisschen spinnert müssen wir ja wohl auch sein, um so ein Projekt zu initiieren.
Wäre es eurer Meinung nach denkbar, bis 2028 klimaneutral zu leben, inklusive aller Transporte? Was wäre dazu notwendig?
Das ist eine wissenschaftliche Frage, wir verstehen uns bisher als eine Gruppe von Menschen, die das machen, was sie machen, weil es möglich ist. Grundsätzlich haben wir bereits heute alle Möglichkeiten, den klimaneutralen Transport (ohne den Emissionshandel!) auf die Beine zu stellen:
- Wir haben die Technologie der Elektromobilität.
- Es gibt Lösungen im Segelschiffsbereich, die heute leider nur im Luxus Kreuzfahrtbereich eingesetzt werden, wie zum Beispiel das Dynarigg.
- Es gibt die Wasserstofftechnologie.
- Wir haben die Windkraft und die Solarenergie
Wir müssen nur akzeptieren, dass alles etwas langsamer gehen wird. “Just in time” als Logistikidee wird dann so nicht mehr funktionieren. Die Wirtschaft und seine Akteure müssen sich umstellen, Kapitalverzinsungsideen werden komplett neu gestaltet. Der 'wahre' Preis für Produkte muss auf dem Preisschild stehen, inklusive auch der Kosten, die heute die Allgemeinheit oder schlicht der Steuerzahler zahlt (Nitrat im Grundwasser, Elbevertiefung, Deichschutz und Hochwasserschutz, Arbeitsbedingungen, Überdüngung/ Belastung unserer Böden, Strassenbau, Überfischung).
Wir werden uns von dem Wachstumsgedanken in der Wirtschaft verabschieden müssen. Wir wissen ja bereits heute in Deutschland und im sogenannten Westen, dass wir so wie heute nicht weiter machen können. Wir leben auf Kosten unserer Kinder und Kindeskinder. Das wollen wir ändern.
Herzlichen Dank und ganz viel Erfolg bei eurer Initiative!
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Gunter (Mittwoch, 11 September 2019 00:21)
Ich habe es mal aus Neugier getestet.
Der Kaffe kam schnell und frisch geröstet bei uns an.
Die Qualität, Geschmackt waren absolut gut-sehr gut, der Preis war angemessen.
Für Kaffeetrinker, die abseits vom Standart Kaffee geniesen möchten, ist es auf jeden Fall einen Test wert.
Der klimaneutrale Transport ist bis jetzt meiner Kenntnis nach einzigartig.
Maiken Winter (Sonntag, 15 September 2019 21:55)
Im jahr 2020 werden wir eine Kaffeetransport-Radltour von Bremen nach München organisieren. Wer dabei sein will kann sich ab sofort bei mir melden.