Eine Studie des Umweltbundesamtes vom Sommer dieses Jahres zeigt, dass die meisten von uns Klimaschützern nicht besser in ihrem Umweltverhalten sind als alle anderen. Natürlich gibt es Ausnahmen – aber die Ergebnisse der Studie des Umweltbundesamtes lassen sich nicht verleugnen.
Den Verdacht, dass wir Klimaschützer selbst oft keine guten Vorbilder sind, hatte ich schon lange. Angefangen bei mir selbst, die jährlich mit den Kinder zum Verwandtenbesuch nach Nordamerika fliegt (“die Großeltern müssen doch ihre Enkelinnen sehen!”); über Al Gore und viele andere "wichtige" Aktive, die um die Welt fliegen um den Klimaschutz voranzubringen (“Wir können die Leute am besten vor Ort überzeugen!”), weiter zu gut-meinenden Vereinen, die etwa an den Nordpol fliegen, um dort einen Plastikbaum zu pflanzen (“Wir brauchen medienwirksame Stories!”) oder urbane Gärtner, die eine Exkursion nach New York City organisieren, um dort Gleichgesinnte zu treffen (“Direkter Austausch motiviert!”). Klimaschützer, die ihre Ferien in Birma, Nigeria oder den Kanaren machen (“Die anderen fliegen ja auch! Und ich kompensiere ja meinen Flug!”), usw.
Jeder hat eine mehr oder weniger gute Begründung dafür, eine Ausnahme zu sein. Doch wir sollten uns nichts vormachen: Es gibt zu viele Ausnahmen. Ich bin Teil des Problems, auch wenn mir das Problem bewusst ist. Dieses Bewusstsein macht mich nicht besser als alle anderen. Im Gegenteil. Wir machen uns selbst zu bewussten Mittätern. Es ist dringend Zeit, dass auch umweltbewusste Menschen wirklich umweltbewusst leben und dadurch ein echtes Vorbild sind für ein Leben, das sie selbst – vor allem von anderen – fordern.
Aber zur Sache. Die Studie des UBA erfolgte im Jahr 2014. Dabei wurden in ca 45-minütigen Interviews 1012 Menschen, die über 18 Jahre alt waren und in deutschsprachigen Privathaushalten lebten, befragt. Hier die wichtigsten Ergebnisse:
Der Faktor, der am meisten beeinflusst, ob sich Menschen umweltbewusst Verhalten oder nciht ist... das Geld. Je reicher jemand ist, desto mehr Energie und Ressourcen werden meist verbraucht – und zwar unabhängig davon, ob sich jemand als umweltbewusst einschätzt oder nicht. Mehr Einkommen fließt oft in schwerere Autos, größere Wohnungen, und häufigere Flugreisen – auch wenn die Menschen sich ansonsten im Alltag umweltbewusst verhalten. Aber gerade diese „Big Points“ beeinflussen die Ökobilanz des Menschen am stärksten. Der Kauf von Bio-Lebensmitteln, LED-Lampen oder eine gute Mülltrennung wiegen das nicht auf.
Die „Umweltbewussten“ besitzen zwar mehr energieeffiziente Haushaltsgeräte, kaufen mehr Bio-Produkte und essen oft weniger Fleisch. Außerdem stimmen sie umweltpolitischen Maßnahmen eher zu als weniger umweltbewusste Menschen. Aber: Andere Aspekte ihres Konsums wie Fernreisen werden von ihnen häufig unterschätzt, so dass sie in Summe deutlich mehr CO2-Ausstoß verursachen als Menschen mit niedrigerem Einkommen. Ausnahme sind diejenigen, die ihr Einkommen sinnvoll in Passivhäuser oder Elektroautos investieren und notwendige Flüge kompensieren. In der Tat hatten die Befragten in der untersten Einkommensgruppe im Mittel einen Gesamtenergieverbrauch von rund 10.000 kWh pro Jahr; bei Menschen mit mehr Einkommen liegt der Jahresverbrauch doppelt so hoch – bei 20.000 kWh pro Jahr. Das ist nicht nur ein kleiner Unterschied!
Daher belasten die Menschen mit geringem Verdienst und Lebenshaltungskosten, die sich selbst nicht als sparsam beim Ressourcenschutz einschätzen und kaum umweltbewusst leben, die Umwelt am wenigsten.
Erschütternd ist auch, dass Menschen mit dem höchsten Bildungsabschluss den höchsten Energieverbrauch haben. Dieses Ergebnis hängt sicherlich damit zusammen, dass die meisten Menschen mit hohem Bildungsabschluss mehr verdienen. Wissen, dass man durch Bildung erreicht, ist also weniger ausschlaggebend für umweltbewusstes Verhalten als Geld – eine deprimierende, aber wichtige Erkenntnis. Denn wenn Geld eine so wichtige Rolle einnimmt, dann kann Geld die Veränderungen ermöglichen, die wir benötigen. Positiv ist auch, dass das Umweltbewusstsein bei vielen wohlhabenderen Menschen bereits stark ausgeprägt ist – nun muss ihr Bewusstsein “nur” noch in das entsprechende Verhalten umgesetzt werden.
Weniger überraschend ist das Ergebnis, dass der Gesamtenergieverbrauch pro Kopf mit der Zahl der Personen, die in einem Haushalt leben, abnimmt. Es wäre also ganz im Sinne des Klimaschutzes, wenn Menschen dazu tendieren würden, zusammen zu ziehen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Daten des statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Anzahl der Ein-Personen-Haushalte in Deutschland zwischen 1991 und 2014 um 7% angestiegen ist. Kein Wunder, dass dadurch auch der Energieverbrauch steigt, denn ein durchschnittlicher Ein-Personen-Haushalt ist ca. 70 m2 groß (Stand 2011), während zwei Erwachsene 50 m2 pro Person und ein 4-Personen-Haushalt (2 Erwachsene, 2 Kinder) nur ca. 30 m2 pro Person einnehmen. Je weniger Platz pro Person benötigt wird, desto geringer ist auch der Energieverbrauch. Interessant ist hier, dass die Wohnfläche von Eigentümern im Durchschnitt ca. 10 m2 größer ist als die von Mietwohnungen.[2] Dieser Unterschied bekräftigt die Ergebnisse der Studie des Umweltbundesamtes, dass reichere Menschen weniger umweltfreundlich leben.
Die Studie zeigt aber auch, dass höheres Einkommen und hohes Umweltbewusstsein durchaus auch zu einer guten Ökobilanz führen können. Ein Beispiel hierfür ist die Gruppe der „Bewussten Durchschnittsverbraucher“, die neben anderen Energieverbrauchstypen in der Studie identifiziert wurde. Hier gehen höheres Einkommen und höheres Umweltbewusstsein tatsächlich auch mit einem durchschnittlichen bis niedrigeren Gesamtenergieverbrauch einher. Dies liegt daran, dass diese Personen bei den „Big Points“ entsprechend umweltfreundliche Verhaltensmuster an den Tag legen. Ein großes Potenzial, Klima und Ressourcen zu schonen, liegt in Maßnahmen wie energetischer Sanierung in Gebäuden und Quartieren, dem Kauf von Elektroautos, Car-Sharing oder einem geringeren Fleischkonsum. Aber auch mit Investitionen in Erneuerbare Energien und freiwilligen Kompensationszahlungen für Fernflüge können Verbraucher tonnenweise CO2 einsparen.
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